Der Klimawandel ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. 2015 haben sich die Vereinten Nationen das Ziel gesetzt, den globalen Temperaturanstieg deutlich zu begrenzen. Unser Anspruch ist es, den Klimawandel einzudämmen. Denn: Langfristig werden sich Klimaschutz und Energieeffizienz auszahlen – für unsere Umwelt und unser Geschäft.
Unser Beitrag zum Klimaschutz
Wir wollen unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten und den Anforderungen des Pariser Klimaschutzabkommens entsprechen. Daher haben wir uns eigene Ziele gesetzt:
Bis 2030 wollen wir unsere direkten (Scope 1) und indirekten (Scope 2) Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 2020 um 50 % reduzieren. Dieses Ziel soll hauptsächlich durch die Reduktion prozessbedingter Emissionen, durch Energieeffizienzmaßnahmen und durch den verstärkten Zukauf von Strom aus erneuerbaren Quellen erreicht werden.
Im Mai 2022 bestätigte die Science Based Targets initiative (SBTi) dieses kurzfristige Ziel für 2030. Die Initiative bewertet und genehmigt die Klimaziele von Unternehmen unabhängig und auf Grundlage ihrer strengen klimawissenschaftlichen Kriterien. Somit wurde anerkannt, dass wir einen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C leisten und die Anforderungen des Übereinkommens von Paris erfüllen.
Außerdem streben wir bis 2030 an, 80 % unseres Stromeinkaufs aus erneuerbaren Quellen zu decken.
Darüber hinaus wollen wir bis 2030 unsere Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Scope 3) um 52 % reduzieren (pro Euro Bruttoergebnis). Dieses Ziel wurde ebenfalls von der SBTi genehmigt.
Bis 2040 wollen wir einen klimaneutralen Geschäftsbetrieb entlang der gesamten Wertschöpfungskette erreichen. Dieses Ziel umfasst sowohl Scope 1 und 2 als auch unsere Scope-3-Emissionen.
Rollen und Verantwortlichkeiten
Die unternehmensweite Steuerung aller Klimaschutzmaßnahmen verantwortet Corporate Sustainability, Quality and Trade Compliance (SQ). Unsere weltweiten Standorte und Geschäftseinheiten setzen die nötigen Maßnahmen jeweils vor Ort um, indem sie beispielsweise die Anzahl der Personen im Energiemanagement erhöhen. Weitere Informationen finden Sie im Kapitel Betrieblicher Umweltschutz.
Wozu wir uns verpflichten: Standards und gesetzliche Rahmenbedingungen
Unser konzernweit einheitliches Management von Energie und prozessbedingten Emissionen regeln wir durch drei EHS-Standards: Energiemanagement, Emissionen und Emissionen von Kältemitteln. Die Einhaltung aller EHS-Standards prüfen wir stichprobenartig durch einen internen Auditprozess.
Außerdem unterliegen wir verschiedenen nationalen sowie internationalen energie- und klimabezogenen Rechtsvorschriften. Auf europäischer Ebene betrifft uns beispielsweise die EU-Energieeffizienzrichtlinie (RL 2012/27/EU). Sie schreibt vor, dass Unternehmen regelmäßig Energie-Audits durchführen oder alternativ ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 einrichten müssen. Unsere Standorte, die diesen Verpflichtungen unterliegen, sind für die Umsetzung verantwortlich. Sie werden durch interne oder externe Experten auditiert. 13 Standorte ließen sich bisher nach ISO 50001 zertifizieren.
Unser Unternehmen ist mit dem Heizkraftwerk Darmstadt und dem Heizwerk Gernsheim seit 2005 zur Teilnahme am EU-Emissionshandel verpflichtet. Die europäische Klima- und Energiepolitik bis zum Jahr 2030 ist darauf ausgelegt, die Ziele des Pariser Abkommens zu erfüllen. Hierfür ist der EU-Emissionshandel ist ein wichtiges Instrument. Der Rechtsrahmen für die vierte Handelsperiode des EU-Emissionshandels (2021-2030) wurde im April 2018 mit der überarbeiteten Emissionshandelsrichtlinie (2003/87/EG) aktualisiert. Damit verschärften sich die Regeln für eine kostenlose Zuteilung an CO2-Zertifikaten. Zukünftig werden wir daher vermehrt CO2-Zertifikate zukaufen müssen.
Emissionen weiter gesenkt
Im Jahr 2022 reduzierten wir unsere Treibhausgasemissionen um knapp 10 %. Insgesamt stießen wir rund 1.667.000 Tonnen an CO2-Äquivalenten (CO2eq) aus (2021: 1.843.000 Tonnen).
Unsere direkten Emissionen (Scope 1) beliefen sich auf 1.425.000 Tonnen CO2eq. Hiervon entstanden rund 1.167.000 Tonnen CO2eq prozessbedingt, der Rest stammt aus der Nutzung von Brennstoffen. Die indirekten Emissionen (Scope 2) lagen, berechnet nach der marktbasierten Methode, bei rund 242.000 Tonnen (circa 377.000 Tonnen nach der standortbasierten Methode, bei der erneuerbare Energiequellen nicht gesondert berücksichtigt werden). Die Intensität der Treibhausgasemissionen (Scope 1 und 2) betrug im Berichtszeitraum 0,07 Kilogramm CO2eq-Emissionen pro Euro Umsatz (2021: 0,09).
2022 konzentrierten wir uns unter anderem darauf, mehr Transparenz über unsere Scope-3-Emissionen zu schaffen. Das Greenhouse Gas Protocol (GHG) unterscheidet 15 Kategorien der Scope-3-Emissionen aus vor- und nachgelagerten Aktivitäten. Die gesamten Scope-3-Emissionen beliefen sich 2022 auf rund 6.616.000 Tonnen CO2eq. Der Anteil der Kategorien 1 und 2 (eingekaufte Güter und Dienstleistungen sowie Kapitalgüter) daran betrug im selben Zeitraum 69 %. Mehr Informationen zum Supplier Decarbonisation Program finden Sie im Kapitel Nachhaltiges Lieferkettenmanagement.
Prozessbedingte Emissionen reduzieren
Mit der Integration des 2019 akquirierten Unternehmens Versum Materials in den Unternehmensbereich Electronics stiegen unsere prozessbedingten Emissionen stark an – hauptsächlich bei der Produktion spezieller Chemikalien für die Elektronikindustrie. 2022 erreichte unsere testweise eingesetzte Anlage zur Abgasreinigung in Hometown (Pennsylvania, USA) die Betriebsreife und erzielte mit fast 99 % einen hohen Wirkungsgrad. Auf Grundlage dieser Technologie werden wir im Jahr 2023 in zusätzliche Anlagen investieren, um die prozessbedingten NF3-Emissionen (Ausstoß von Stickstofftrifluorid) in den Folgejahren zu reduzieren.
Im Unternehmensbereich Life Science verzeichnen wir prozessbedingte Emissionen vor allem durch die Freisetzung perfluorierter Kohlenwasserstoffe (PFC). Als Reaktion darauf ersetzten wir bereits einige emissionsintensive Produktionslinien durch Anlagen, die keine PFC emittieren. Damit erreichten wir eine Reduktion um 40.000 Tonnen CO2eq in den Jahren 2021 und 2022. Im Jahr 2022 entwickelten wir auch Methoden, um die verbleibenden PCF-Emissionen aus diesen Prozessen zu beseitigen; entsprechende Maßnahmen wollen wir bis 2030 umsetzen.
Produktbedingte Emissionen verringern
Wir wollen in allen drei Unternehmensbereichen den CO2-Fußabdruck unserer Produkte verringern. Dazu starteten wir ein Pilotprojekt für ein IT-Tool, das uns bei der Berechnung des CO2-Fußabdrucks unserer Produktportfolios unterstützen wird. Um zu gewährleisten, dass wir nach den Industriestandards arbeiten und uns auf Vergleichsdaten- und Expertenanalysen verlassen können, arbeiten wir in Brancheninitiativen wie Together for Sustainability (TfS) mit anderen Unternehmen zusammen.
Weniger Emissionen in der Lieferkette
Mehr Informationen zum „Supplier Decarbonisation Program“ finden Sie im Kapitel Nachhaltiges Lieferkettenmanagement.
Transport auf Schiffe verlagern
Im Jahr 2019 hat unser Unternehmensbereich Healthcare eine umfangreiche Umstellung der Transportmittel eingeleitet, die nicht nur unsere CO2-Emissionen, sondern auch unsere Logistikausgaben erheblich reduziert. Unser Ziel war es, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, indem wir – wo immer möglich – vom Luft- auf den Seeverkehr umstiegen. Darüber hinaus begannen wir zwei Modellprojekte zur Nutzung von Biokraftstoffen im Straßentransport – eines im Jahr 2021 und ein weiteres 2022. Ziel ist es, mehr über die Nachhaltigkeit alternativer Kraftstoffe (Biokraftstoffe) und über die tatsächliche CO2-Reduzierung zu erfahren. Während der Pilotphase im Jahr 2021 konnten wir bei den Lieferungen in den Asien-Pazifik-Raum (ohne China) 70 % an CO2-Emissionen einsparen (nach Well-to-Wheel-Betrachtung).
Grünes Geschäftsmodell
Seit 2022 prüfen wir alle Investitionsprojekte mit einem Volumen von über 10 Mio. € auf Nachhaltigkeitskriterien. Der Schattenpreis, der für diese Investitionsprojekte zu berücksichtigen ist, beträgt 100 €/Tonne CO2eq. Mit diesen Maßnahmen wollen wir die Reduzierung von CO2-Emissionen bei all unseren Großinvestitionen in den Fokus rücken.
Transparenz bei CO2-Emissionen und Energieverbrauch
Wir berichten jährlich an die Organisation CDP. Sie beurteilt, wie Unternehmen ihre Treibhausgasemission senken und wie sie Risiken und Folgen des Klimawandels minimieren. Die Bewertung erfolgt auf einer Skala, die von der Bestnote A bis D- reicht. Unser Ergebnis lag im Jahr 2022 beim Klimaschutz bei der Note B (2021: B) und bei der Wassersicherheit bei der Note B (2021: A-).
Klimaschonende Mobilität
Bis 2025 wollen wir unseren Fuhrpark vorwiegend auf emissionsärmere Antriebskonzepte umstellen. Unser Ziel ist es, die durchschnittlichen Emissionen unserer Fahrzeuge um rund 50 % im Vergleich zu 2020 zu senken. Mit dem Pilotprojekt Green Fleet („Grüne Flotte“) wollen wir die Mitarbeitenden der deutschen Standorte dabei unterstützen, auf Elektromobilität umzusteigen. 2022 erhöhten wir die Anzahl der Ladestationen, an denen Beschäftigte ihre Firmen- oder Privatautos laden können, auf 88. Auch in anderen Ländern stellen wir unserem Personal Ladestationen zur Verfügung – etwa in Frankreich, Großbritannien, der Schweiz und den USA.
Für unterwegs gibt es das Angebot Laden@road, durch das unsere Mitarbeitenden ihre Firmen- und Privatfahrzeuge an rund 160.000 Stationen europaweit aufladen können.
Klimabezogene Risiken und Chancen
Um allen Offenlegungsanforderungen der Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) gerecht zu werden, begannen wir mit einer detaillierten Bewertung der klimabezogenen Risiken und Chancen. Im Jahr 2022 führten wir eine qualitative Szenarioanalyse durch, 2023 folgt eine quantitative Untersuchung. Szenarioanalysen gehören zu den wichtigsten Empfehlungen der TCFD und hängen eng mit der EU-Taxonomie zusammen. In Großbritannien sind sie inzwischen gesetzlich vorgeschrieben. Dadurch sollen die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken und Chancen für unser Unternehmen beleuchtet werden. In unserer qualitativen Analyse identifizierten wir potenzielle Gefahren für zwei Szenarien: einerseits Übergangsrisiken verbunden mit einer Welt, die sich in Richtung Emissionsneutralität bewegt; andererseits die physischen Klimarisiken einer Gesellschaft, die sich nicht der Dekarbonisierung verpflichtet. Mehr Informationen finden sich im TCFD-Index.
Energieeffizienz
Durch unterschiedliche Energieeffizienzprojekte sparten wir an unserer Firmenzentrale in Darmstadt 2022 rund 3.000 Tonnen CO2eq ein (2021: 1.700 Tonnen CO2eq). So verbesserten wir beispielsweise Heizsysteme, Belüftungs- sowie Klimaanlagen und verringerten die Grundlast für Druckluftsysteme.
Im Rahmen des Energie- und Wassereffizienzprogramms in unserem Unternehmensbereich Life Science führten wir im Berichtsjahr neue Instrumente und Governance-Strukturen ein. Mit ihrer Hilfe bewerten wir Projekte zur Einsparung von Energie und Wasser. Das Programm hatte im Jahr 2022 ein Investitionsbudget von 4,6 Mio. €, 2023 werden wir es auf 9,3 Mio. € erhöhen. 2022 bildeten wir 18 Facility Manager, Plant Engineering Manager und EHS-Manager unserer internationalen Standorte im Energiemanagement fort.
Wir arbeiten laufend daran, die erneuerbaren Energien auszubauen. So begann unser Unternehmensbereich Life Science damit eine 700-kW-Photovoltaikanlage an der Darmstädter Konzernzentrale zu installieren und eine weitere 100-kW-Photovoltaikanlage an unserem Standort im indischen Bangalore. Außerdem schlossen wir mit dem örtlichen Stromversorger unseres Standorts in Sheboygan (Wisconsin, USA) eine Leasingvereinbarung mit einer Laufzeit von 30 Jahren ab. Gegenstand der Vereinbarung ist die Installation einer 2.250-kW-Photovoltaikanlage auf unserem Werksgelände. Die durch diese Projekte erhaltenen Zertifikate für erneuerbare Energien wollen wir langfristig halten.
Durch mehrere Investitionsprojekte zur Steigerung der Energieeffizienz an den Produktionsstätten des Unternehmensbereichs Healthcare im Jahr 2022 erzielten wir eine zweistellige relative Verringerung der Scope-1-Emissionen gegenüber dem Vorjahr. Wir ersetzten in Vevey (Schweiz) einen erdgasbefeuerten Dampferzeuger durch ein elektrisches Modell und reduzierten die Emissionen damit um 15 %. In Aubonne (Schweiz) modernisierten wir die Kühler und errichteten Wärmepumpen, wodurch eine Reduzierung um 25 % erreicht wurde. Außerdem setzen wir nun an einem unserer wichtigsten Entwicklungsstandorte in Ivrea (Italien) eine Wärmepumpentechnologie ein. Sie soll die Treibhausgasemissionen, die im Zuge mit einer umfangreichen Standorterweiterung entstehen, ausgleichen.
Energieverbrauch leicht gesunken
Wir verbrauchten 2022 insgesamt 2.432 Gigawattstunden Energie (2021: 2.454 GWh). Bezogen auf den Umsatz im Berichtszeitraum betrug unsere Energieintensität 0,11 Kilowattstunden pro Euro (2021: 0,12).
Einkauf von Strom aus erneuerbaren Quellen
Im Jahr 2022 steigerten wir erneut unseren Einkauf von Strom aus erneuerbaren Quellen. In diesem Zeitraum bezogen wir 47 % unseres eingekauften Stroms aus erneuerbaren Energien (2021: 30 %). Der Anteil der erneuerbaren Energien an unserem Gesamtenergieverbrauch stieg 2022 auf 20 % (2021: 13 %). Nachdem wir einen virtuellen Stromabnahmevertrag (Virtual Power Purchase Agreement, VPPA) mit einer Laufzeit von 12 Jahren mit dem Azure Sky Wind and Storage Project unterzeichneten, ging die Anlage im Mai 2022 in den kommerziellen Betrieb. Darüber hinaus bekräftigten wir unser Engagement für erneuerbare Energien im Jahr 2022 durch einen weiteren VPPA mit einer Laufzeit von 16 Jahren. Mit diesen beiden Vereinbarungen decken wir 90 % unseres Stromverbrauchs in den USA und 55 % weltweit.
Durch Zertifikate für erneuerbare Energien decken wir den Strombedarf einiger unserer südamerikanischen Standorte (etwa Argentinien, Chile, Guatemala). Gleiches erfolgt für mehrere unserer Standorte in China. Im Einklang mit unserer Strategie für erneuerbare Energien haben wir eine Bewertung der europäischen Märkte für Strom aus erneuerbaren Energien vorgenommen, um den besten Weg zu finden. Diese Bewertung wird unsere Strategie für die Beschaffung von Strom aus erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren leiten. Wir wählen derzeit mögliche Partnerunternehmen zur Projektentwicklung aus, um unsere Ziele in Bezug auf die Beschaffung von Ökostrom zu erreichen.
Anreize für unsere Mitarbeitenden
Wir motivieren unsere Beschäftigten, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Informationen und Tipps stehen allen Beschäftigten im Intranet zur Verfügung. In unserem Newsletter berichten wir regelmäßig über konzernweite Klimaschutzmaßnahmen. Außerdem unterstützen wir Mitarbeitende, die sich klimaschonend fortbewegen möchten:
- In unseren deutschen Tochtergesellschaften bieten wir Beschäftigten, die freiwillig elektrische Dienstfahrzeuge wählen, einen Zuschuss von 150 € zur monatlichen Leasingrate an.
- An unseren deutschen Standorten fördern wir die klimafreundliche Mobilität unserer Mitarbeitenden zudem mit Leasingrädern. Sie können Fahrräder zu günstigen Tarifen gegen Entgeltumwandlung leasen (bike4me).
- In den USA können unsere Beschäftigten im Unternehmensbereich Life Science aus verschiedenen Zuschüssen wählen. Wir gewähren bis zu 3.500 US-Dollar für den Kauf oder das Leasing von zuschussberechtigten Hybrid- oder Elektrofahrzeugen, 1.000 US-Dollar für die Installation von privaten Photovoltaikanlagen oder Solarthermiekollektoren und 100 US-Dollar für eine energetische Bewertung einer privaten Immobilie.