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Tierschutz

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Internationale und nationale Gesetze schreiben Tierversuche vor, wenn Arzneimittel und Chemikalien für den kommerziellen Einsatz entwickelt und zugelassen werden sollen. Auch aus ethischer und wissenschaftlicher Sicht ist die tierexperimentelle Forschung nach dem derzeitigen Erkenntnisstand noch unverzichtbar. Aktivitäten, die den Einsatz von Tieren betreffen, führen wir in allen drei Unternehmensbereichen durch.

Unser Ansatz für den Tierschutz

Wir streben langfristig danach, Arbeiten, die Tiere verwenden, komplett zu ersetzen und wollen sie durch bessere, innovative Alternativen ersetzen. Wir verfolgen das Ziel, diesbezüglich eine Führungsrolle in der Life Science- und Pharmabranche zu übernehmen. Um das zu erreichen, erarbeiten unsere Unternehmensbereiche individuelle Strategien und legen Prioritäten sowie Zeitpläne fest.

Tierversuche sind vor allem in der Arzneimittelentwicklung noch viele Jahre unverzichtbar. Nur so können die Sicherheit und Wirksamkeit von medizinischen Geräten, Medikamenten und Impfstoffen gewährleistet werden. Solange sich der Einsatz von Tieren nicht vollständig vermeiden lässt, verpflichten wir uns, die höchstmögli­chen ethischen und Tierschutzstandards für die Unterbringung, Haltung und tierärztliche Betreuung aller Tiere einzuhalten, die wir nutzen. Dazu stellen wir umfassende Transparenz sicher. Außerdem gewährleisten wir die laufende Bewertung, Überwachung, Auditierung und Verbesserung aller Tätigkeiten, bei denen Tiere von Mitarbeitenden unseres Unternehmens oder von vertrauenswürdigen Dritten eingesetzt werden. Wir verbessern unsere Tierversuchsprozesse kontinuierlich und setzen uns dafür ein, die Lebensqualität der Tiere zu verbessern. Wir nutzen stets so wenig Tiere wie möglich und ersetzen ihre Nutzung möglichst durch alternative Methoden. Darüber hinaus engagieren wir uns dafür, dass Ersatzmethoden weltweit Anerkennung erhalten. Zu diesem Zweck arbeiten wir mit anderen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen zusammen.

Wir bekennen uns zum international anerkannten 3R-Prinzip für Tierversuche und haben Verantwortung als vierten Tierschutzgrundsatz hinzugefügt – im Einklang mit den von David DeGrazia und Tom Beauchamp 2019 in den Principles of Animal Research Ethics veröffentlichen ethischen Grundsätzen:

  • Replacement (Ersatz) – Ersatz von Tierversuchen durch andere tierfreie Methoden
  • Reduction (Reduzierung) – Einsatz von möglichst wenig Tieren
  • Refinement (Verbesserung) – Minimierung von Stress und Leid vor, während und nach den Versuchen
  • Responsibility (Verantwortung) – Verantwortung übernehmen für alle Tiere, die intern oder in unserem Auftrag eingesetzt werden

Die Tätigkeiten mit Tieren in unserem Unternehmensbereich Life Science schließen gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitstests ein, die wir sowohl für unsere eigenen Produkte als auch im Kundenauftrag durchführen. Das Produktportfolio von Life Science umfasst außerdem verschiedene, für die Forschung benötigte Produkte, die gezielt aus Tieren gewonnen werden oder Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung sind. Hierzu zählen Blut, Plasma, Serum oder speziell in Tieren hergestellte Erzeugnisse wie Antikörper. Im Unternehmensbereich Healthcare sind Tierversuche obligatorischer Bestandteil, um Medikamente und Medizinprodukte zu entwickeln; auch sind dort biologische Qualitätskontrollen in Tieren vorgeschrieben. Unser Unternehmensbereich Electronics führt Tierversuche nach den Vorgaben geltender Bestimmungen für Chemikalien durch. Im Einklang mit der EU-Kosmetikverordnung führen wir keine Tierversuche für kosmetische Inhaltsstoffe durch.

Rollen und Verantwortlichkeiten

Unsere Einheit Corporate Animal Affairs steuert die Umsetzung der konzernweiten Tierschutzstrategie. Die Einheit handelt auf globaler und lokaler Ebene, erstellt Leitfäden für die Verwendung von Versuchstieren und überwacht ihre Einhaltung. Das gesamte Regelwerk stützt sich auf vier Säulen:

  • Tierwohl und tiermedizinische Versorgung
  • Management von Lieferfirmen, die Tiere in unserem Auftrag verwenden
  • Überwachung und Betreuung unserer Tierhaltungen
  • Das 4R-Prinzip

Unser Group Animal Welfare Council (konzernweiter Tierschutzausschuss) arbeitet unter Federführung der Vorsitzenden der Geschäftsleitung unseres Unternehmens. Er setzt sich aus Vertretenden aller Unternehmensbereiche zusammen und tagt vierteljährlich. In seiner Rolle als Sondierungs- und Beratungsgremium diskutiert der Tierschutzausschuss, wie sich Fortschritte bei der Verfolgung des 4R-Prinzips mit unserer Wertschöpfung verbinden lassen. Außerdem fungiert er als Anlaufstelle bei geschäftskritischen Fragen und verabschiedet wichtige Kennzahlen. Nicht zuletzt dient er als Eskalationsgremium.

2022 richteten wir in Europa die Merck Animal Usage Review (MAUR) Boards ein. Sie prüfen und genehmigen sämtliche interne von unseren Vivarien durchgeführten Tierversuche. Wo es möglich war, bauten wir diese Boards auf bestehende, interne Entscheidungsgremien zum Tierschutz auf. In Israel und den USA werden diese Aufgaben durch bereits bestehende, vergleichbare Unternehmensgremien wie dem Institutional Animal Care and Use Committees (IACUC gemäß U.S. ILAR Guide) wahrgenommen. Darüber hinaus prüfen und genehmigen diese globalen MAUR / IACUC Boards auch sämtliche Aktivitäten, die mit Tieren zusammenhängen, bei allen unseren Lieferfirmen, Auftragsforschungsinstituten und Partnerunternehmen aus der Wissenschaft.

Globale und lokale Tierschutzbeauftragte berichten direkt an Corporate Animal Affairs und verstehen sich als Fürsprechende der Tiere. Zu ihren Aufgaben gehören die Leitung aller Aspekte der Versuchstierkunde und des Tierschutzes sowie die Anerkennung von Methoden und Fähigkeiten aller Beschäftigten, die mit Tieren arbeiten. Darüber hinaus überprüfen sie regelmäßig die Standorte mit Versuchstierhaltung und prüfen und genehmigen Protokolle.

Die Einheit Animal Using Vendor Management qualifiziert unsere Lieferfirmen hinsichtlich versuchstierkundlicher und tierschutzrelevanter Aspekte. Außerdem überwacht sie kontinuierlich unsere Lieferfirmen, Auftragsforschungsinstitute und Geschäftspartnerunternehmen.

Erkennen Mitarbeitende ein Problem hinsichtlich des Tierschutzes, können sie den Vorfall auf verschiedenen Wegen melden: entweder direkt an die Einheit Corporate Animal Affairs oder über die lokalen und globalen Tierschutzbeauftragten oder über unsere Compliance-Hotline.

Um die 4R-Prinzipien umzusetzen, entwickeln und leiten das 4R-Team und funktionsübergreifende Arbeitsgruppen verschiedene Projekte. Das 4R-Team berichtet dem konzernweiten Tierschutzausschuss regelmäßig über seine Fortschritte in allen vier Bereichen. Außerdem koordiniert das Team die Verleihung des 4R-Awards, mit dem wir Beiträge zur Umsetzung der 4R-Prinzipien (Reduzierung, Verbesserung, Ersatz, Verantwortung) auszeichnen.

Umfassende Schulungen für Mitarbeitende

Über unsere neue Animal Affairs Academy legen wir ein ganzheitliches Schulungskonzept für das gesamte Unternehmen fest: Wir führen Kurse zum Tierschutz und zur Versuchstierkunde durch; wir beaufsichtigen und begleiten Trainings für die Belegschaft zur praktischen Arbeit sowie zu Regeln und Vorschriften. Alle Mitarbeitenden, die an Tätigkeiten mit Tieren beteiligt sind, erhalten geeignete Schulungen und Weiterbildungen. Beispielsweise besuchen Beschäftigte unserer Vivarien durch unser Vivarium-Rotationsprogramm jedes Jahr eine andere Einrichtung, um Wissen und Best Practices auszutauschen. Das Programm läuft bislang erfolgreich und die Universität Heidelberg hat Interesse an einer Zusammenarbeit bekundet.

Außerdem nehmen unsere Mitarbeitenden regelmäßig an externen Weiterbildungsprogrammen teil.

Gremien- und Verbandsarbeit

Im Rahmen unserer Anstrengungen zur Verbesserung des Tierschutzes beteiligen wir uns an zahlreichen Organisationen und Initiativen, etwa im Europäischen Dachverband der Arzneimittelunternehmen und -verbände (EFPIA) und bei Interpharma, einem Verband forschender pharmazeutischer Unternehmen in der Schweiz. Gemeinsam mit ausgewählten Mitgliedsunternehmen führt Interpharma Audits bei Auftragsforschungsinstituten und Tierzuchtbetrieben durch.

Wir sind Mitglied der European Animal Research Association (EARA) – einer Kommunikations- und Beratungsorganisation, die sowohl öffentliche als auch private Institutionen im biomedizinischen Bereich vertritt. Aktiv sind wir auch in der Association for Assessment and Accreditation of Laboratory Animal Care International (AAALAC). Diese private, gemeinnützige Organisation fördert die achtungsvolle Behandlung von Tieren in der Wissenschaft durch freiwillige Akkreditierungs- und Bewertungsprogramme. Im Jahr 2022 hatte einer unserer Mitarbeiter den Vorsitz des AAALAC International Board of Directors inne.

Wozu wir uns verpflichten: konzernweite Standards

Über die Einhaltung aller einschlägigen Gesetze und Vorschriften hinaus verpflichten wir uns, allen eigenen, internen Richtlinien zu entsprechen. Unsere Tierschutzrichtlinie (Animal Affairs Policy), unsere konzernweiten Tierschutzstandards und unsere Verfahren für interne beziehungsweise von vertrauenswürdigen Dritten durchgeführte Tierversuche bilden eine umfassende und strenge Governance-Struktur. Diese basiert auf den vier Säulen unseres Ansatzes für Tierversuche.

Unsere neuen Standards und Verfahren beinhalten beispielsweise Grundsätze für die Unterbringung und Haltung von Tieren, die auch für unsere externen Partner gelten. Außerdem enthalten sie Regeln darüber, wie wir die Einhaltung dieser Grundsätze überwachen, etwa durch Audits. Der Standard Animal Using Vendor Management regelt die Anforderungen für die Genehmigung von Auftragsforschungsinstituten und Lieferfirmen. Weitere Dokumente – einschließlich der Leitlinien für unser 4R-Engagement, für die Meldung von Zwischenfällen und für das Risikomanagement – ergänzen unsere Regelwerke.

Im Jahr 2022 setzten wir weitere unternehmensweite Standards wie den Global Blood Sampling Standard (GBSS) um, der Parameter und Methoden für die Blutabnahme, maximale Blutentnahmehäufigkeit und -menge in einem bestimmten Zeitrahmen festlegt. Wir sind überzeugt, dass das richtige Maß an Transparenz die wissenschaftlichen Ergebnisse verbessern und den Wert von Tierversuchen erhöhen kann. Zudem kann dies der Gesellschaft, der Patientenschaft und dem Wohlergehen der Tiere nützen. Nach unserem Beitritt zur deutschen Transparenzinitiative im Jahr 2021 wurden wir mit dem Qualitätssiegel für Best Practice in der Tierversuchskommunikation dafür ausgezeichnet, erfolgreich transparent und offen über tierexperimentelle Forschung zu kommunizieren.

Anzahl der für medizinische Tests verwendeten Versuchstiere

Im Jahr 2022 wurden für die Arbeit unseres Unternehmens 149.643 Tiere genutzt, entweder in unseren eigenen Tierhaltungen oder bei Auftragsforschungsinstituten. Das entspricht einem Rückgang von 17 % gegenüber dem Vorjahr. 144.941 der von uns genutzten Versuchstiere waren Nagetiere (Mäuse oder Ratten), im Vorjahr waren es 175.522. Zulassungsbehörden verlangen mitunter, dass Prüfarzneimittel auch an Nichtnagern auf ihre Sicherheit getestet werden. Nur so können Forschende mögliche Nebenwirkungen mit der erforderlichen Genauigkeit erkennen und in die Risikobewertung einer Substanz einfließen lassen.

Tierarten

Tierarten (Kreisdiagramm)

Zusammenarbeit mit Partner- und Lieferfirmen

Tierversuche führen wir mehrheitlich (94 %) in unseren eigenen Tierhaltungen durch. Unsere Labortiere beziehen wir von spezialisierten Tierzuchtbetrieben. Außerdem beauftragen wir auch Auftragsforschungsinstitute, Tierversuche durchzuführen. Zudem arbeiten wir mit universitären Einrichtungen zusammen. Wir verpflichten diese Organisationen, unsere Standards ebenfalls einzuhalten.

Durchführen von Tierschutzaudits

Unsere Vivarien werden alle drei Jahre durch Corporate Animal Affairs auditiert; im Jahr 2022 waren es zwei Vivarien. Darüber hinaus stärkten wir die Aufsichtsfunktion von Corporate Animal Affairs über unsere internen Tierversuche, beispielsweise hinsichtlich Tierverwendung, Zweck und Vorfälle. Im Berichtsjahr führten wir eine digitale Lösung ein, mit der wir unsere Kennzahlen überwachen.

Ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie ist die Qualifizierung aller Lieferfirmen, die für uns Tiere einsetzen. Wir führten eine Auditstrategie ein und entwickelten Verfahren, um unsere Auditorenschaft zu bestimmen und zu schulen. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 45 Lieferfirmen geprüft, davon 38 vor Ort und sieben – bedingt durch die Covid-19-Pandemie – virtuell.

4R-Award für Tierschutz

Wir wollen alle unsere Mitarbeitenden dazu anhalten, einen Beitrag zum 4R-Prinzip zu leisten. Mit dem alle zwei Jahre vergebenen 4R-Award würdigen wir daher Best Practices bei Aktivitäten, bei denen Tiere zum Einsatz kommen, beispielsweise innovative Alternativen zur Reduzierung, zur Verbesserung und zum Ersatz von Tierversuchen. Außerdem zeichnen wir vorbildliches Verhalten aus, das aufzeigt, wie wir unserer Verantwortung für das Tierwohl gerecht werden.

Unser jährlicher 4R-Tag nahm 2022 die neue konzernweite Tierschutzstrategie in den Fokus und gab einen Überblick über die aktuellen 4R-Aktivitäten. Dabei stellten wir unternehmensweite Projekteinreichungen heraus, die jede der 4R-Kategorien repräsentieren. Den auf unserem Aktionstag vergebenen Hauptpreis des 4R-Awards teilten sich zwei herausragende Projekte aus den Kategorien Replacement und Reduction.

Prüfarzneimittel
Darreichungsform eines Wirkstoffs oder Placebos, die in einer klinischen Prüfung am Menschen getestet oder als Vergleichspräparat verwendet wird. Hierzu gehören nicht zugelassene Arzneimittel ebenso wie zugelassene Arzneimittel, wenn Letztere entweder in einer anderen als der zugelassenen Darreichungsform oder für ein nicht zugelassenes Anwendungsgebiet oder zum Erhalt zusätzlicher Informationen über das zugelassene Arzneimittel eingesetzt werden.
Vivarium
Ein Vivarium beziehungsweise eine Tierforschungseinrichtung ist eine speziell konstruierte Einrichtung (Gebäude, Zwinger, Auslauf etc.), die kontrollierte Umgebungen für die Pflege, Verwendung und Haltung von Versuchstieren bereitstellt.

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