Merck Nachhaltigkeitsbericht 2021

Verantwor­tungsvolle Interaktionen im Gesund­heitswesen

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Ob Forschungseinrichtungen, medizinische Fachkräfte oder Patientenorganisationen: Stakeholder im Gesundheitswesen müssen auf aktuelle Informationen über Erkrankungen und Therapien zugreifen. Gleichzeitig müssen sie ihre Unabhängigkeit bewahren. Wir unterstützen sie beim Zugang zu Informationen und fördern außerdem innovative Forschungsprojekte.

Unser Ansatz für Interaktionen im Gesundheitswesen

Wenn wir pharmazeutische Produkte bewerben, steht das Wohlergehen der Patienten für uns an erster Stelle. Wir unterstützen die Gesundheitssysteme, indem wir unsere Stakeholder – etwa medizinische Fachgesellschaften, Patientenorganisationen, Universitätskliniken und andere Institutionen des Gesundheitswesens – mit Informationen versorgen. Dabei halten wir klar definierte interne Genehmigungsanforderungen und -verfahren für jede Art der Interaktion sowie die maßgeblichen Gesetze und Vorschriften ein. Wir halten uns an gesetzliche oder branchenspezifische Verpflichtungen zur Veröffentlichung von geldwerten Zuwendungen an Stakeholder im Gesundheitswesen, die in einigen Ländern bestehen.

Wir halten uns auch an alle Vorschriften zur Vermarktung von Arzneimitteln. In den meisten Ländern dürfen Pharmaunternehmen verschreibungspflichtige Arzneimittel nur gegenüber medizinischen Fachkräften wie Ärzten oder Apothekern bewerben. Dabei müssen wir sie stets über den Wirkstoff, mögliche unerwünschte Nebenwirkungen und Gegenanzeigen aufklären. Unsere internen Richtlinien zur Bewerbung von pharmazeutischen Produkten sind Teil unseres konzernweiten Programms: Es verpflichtet uns dazu, rechtmäßig, nach Branchenstandards sowie nach höchsten ethischen Maßstäben zu handeln. In vielen Fällen gehen unsere internen Richtlinien und unsere verschiedenen freiwilligen Selbstverpflichtungen über die geltenden gesetzlichen Vorschriften hinaus. Wir überprüfen alle unsere internen Richtlinien regelmäßig und passen sie bei Bedarf an neueste Entwicklungen an.

Im Einklang mit den Branchenstandards unterscheiden wir deutlich zwischen Aktivitäten zum Informationsaustausch einerseits und Werbeaktivitäten andererseits: Erstere sind Aktivitäten, bei denen wir wissenschaftliche Informationen weitergeben, jedoch nicht beabsichtigen, den Absatz von pharmazeutischen Produkten zu fördern oder zu steigern. Bei Zweiteren handelt es sich um Aktivitäten mit der klaren Absicht, den Absatz von pharmazeutischen Produkten zu fördern oder zu steigern; diese Aktivitäten werden nur von der kommerziellen Organisation durchgeführt. Die Unterscheidung ist ausschlaggebend für verschiedene interne Richtlinien und Standard­arbeitsanweisungen, verantwortliche Funktionen sowie Prüf- und Genehmigungsebenen – je nach Art der Aktivität.

Direktmarketing nur in einigen Ländern

In einigen Ländern – beispielsweise in den USA – ist es erlaubt, sich mit Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel auch direkt an Patienten zu wenden. Im Einklang mit dem maßgeblichen Landesrecht führen wir in diesen Ländern Direct-to-Consumer-Kampagnen durch. Mit dieser Direktansprache möchten wir in diesen Ländern das Bewusstsein für bestimmte Erkrankungen und die dafür verfügbaren Therapien schärfen. So versetzen wir die Patienten in die Lage, fundierte Entscheidungen über ihre eigene Behandlung zu treffen.

Rollen und Verantwortlichkeiten

Für sämtliche Interaktionen mit Stakeholdern im Gesundheitswesen gibt es interne Richtlinien, Überprüfungsprozesse und Tools – beispielsweise Aufzeichnungssysteme. So stellen wir sicher, dass wir gesetzliche Vorgaben und Transparenzverpflichtungen einhalten.

Unsere Einheit „Global Regulatory Affairs“ verfügt über eine eigene Richtlinie sowie ein entsprechendes Prozessdokument: Damit überprüfen und genehmigen wir unsere Werbematerialien. Auf operativer Ebene müssen der jeweilige Geschäftsbereich und alle Mitarbeiter, die an Vertriebs- und Marketingaktivitäten beteiligt sind, unsere internen Richtlinien, Standards und Verfahren einhalten.

Mit einem harmonisierten, konzernweiten Prüf- und Freigabesystem stellen wir sicher, dass alle Werbematerialien sowohl unseren Standards als auch den lokalen Vorschriften entsprechen. Im Unternehmensbereich Healthcare nutzen wir eine einzige konzernweite Software. Dadurch haben wir den Prüf- und Freigabeprozess von Werbematerialien vereinheitlicht und vereinfacht und überwachen ihn nach dem Vier-Augen-Prinzip. Wenn das Material einen Werbezweck verfolgt und produktbezogen ist, wird es von den medizinischen und (aufsichts-)rechtlichen Funktionen geprüft. Der gesamte Prozess hilft uns außerdem dabei, Verbesserungspotenzial zu erkennen. Wir führen Schulungen zur Prüfung, Genehmigung und Aussortierung von Werbematerialien gemäß unseren Grundsätzen und Standards durch. Wir schulen all jene Mitarbeiter, die daran beteiligt sind, solche Unterlagen zu erstellen, zu prüfen und zu genehmigen.

Wozu wir uns verpflichten: konzernweite Richtlinien und Branchenstandards

Neben den maßgeblichen Gesetzen und unseren eigenen internen Standards richten wir uns nach den Verhaltenskodizes verschiedener internationaler Branchenorganisationen: etwa nach dem Code of Practice der „International Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations“ (IFPMA) und nach dem Code of Practice der „European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations“ (EFPIA).

Wir sind außerdem Mitglied verschiedener lokaler Branchenorganisationen, beispielsweise des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ (FSA) und des US-amerikanischen Pharmaverbands „Pharmaceutical Research and Manufacturers of America“ (PhRMA). Bei unseren Aktivitäten halten wir uns an die Verhaltenskodizes dieser Verbände, die für die Zusammenarbeit zwischen medizinischen Fachkräften und der pharmazeutischen Industrie gelten.

Unser konzernweit geltender Verhaltenskodex „Pharma Code for Conducting Pharmaceutical Business and Pharmaceutical Operations“ (Pharma Code) definiert die Standards, die für unsere Aktivitäten im Bereich Healthcare maßgeblich sind. Neben Bestimmungen zu unseren Werbepraktiken enthält er zudem allgemeine und übergeordnete Grundsätze, wie wir uns gegenüber Ärzten, medizinischen Institutionen und Patientenorganisationen verhalten sollen.

Unsere im Oktober 2020 eingeführten „Healthcare Ethical Guiding Principles“ ergänzen den Pharma Code. Sie unterstützen unsere Mitarbeiter im Unternehmensbereich Healthcare mit sechs ethischen Leitsätzen bei ihren Entscheidungen und Aktivitäten, die mit den besonderen Herausforderungen und Aufgaben ihres Gebiets zusammenhängen. Hierzu gibt es seit 2021 konzernweit für alle Healthcare-Mitarbeiter eine E-Learning-Schulung. Der Kurs vermittelt diese sechs Leitsätze und zeigt auf, wie sie in verschiedenen Situationen effizient Orientierung bieten.

Mit dem Pharma Code und den „Healthcare Ethical Guiding Principles“ verfügen wir über spezifische Regelwerke, Verfahren und Tools für verschiedene Arten von Interaktionen mit Stakeholdern im Gesundheitswesen. Sie decken beispielsweise folgende Themen ab: Beauftragungen, Bewirtungen, Zahlungen (zum fairen Marktwert) oder Sponsoring für Veranstaltungen.

Unser „Standard on Medical Activities“ enthält allgemeine Grundsätze und Anforderungen, die bei allen medizinischen Aktivitäten zu beachten sind – auch im Umgang mit Gesundheitsdienstleistern. Konkrete Regelungen für unterschiedliche Aktivitäten und Interaktionen ergeben sich aus weiteren Richtlinien, Standards, Standardbetriebsverfahren und sonstigen Regelwerken.

Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen

Unsere Richtlinie „Interactions with Patients, Patient Opinion Leaders and Patient Organizations“ bildet einen umfassenden Rahmen, in dem wir unsere Beziehungen zu diesen wichtigen Stakeholdern gestalten. Die Leitlinie „Good Practice and Process Guidance: Engagement with Patients, Patient Opinion Leaders and Patient Organizations“ gibt zusätzliche Orientierungshilfen für unsere Interaktionen. Sie verdeutlicht, dass wir uns zuallererst dem Wohl der Patienten verpflichten. Diese und weitere lokal spezifische Richtlinien bilden eine solide Basis, mit der wir unsere Mitarbeiter unterstützen – damit sie mit Patienten, Patientenorganisationen und Meinungsbildnern aus Patientenkreisen regelkonform umgehen.

Wir wollen die Lebensqualität von Patienten verbessern. Deshalb unterstützen wir die Arbeit von Patientenorganisationen. Diese versorgen wiederum Patienten, Familienmitglieder und Betreuer mit Informationen über den Umgang mit Krankheiten.

Medizinische Bildung fördern

Wir wollen zum medizinischen Fortschritt, der den Patienten zugutekommt, beitragen. Deshalb organisieren wir über unsere Abteilung „Global Medical Education and Academic Organization Relations“ nicht-werbliche Programme zur medizinischen Weiterbildung. Unser integriertes medizinisches Weiterbildungsportfolio umfasst unternehmenseigene sowie andere unabhängige (Weiter-)Bildungsprogramme, die von externen Organisationen finanziert werden (beispielsweise von Drittanbietern in der medizinischen Bildung, medizinischen Fachgesellschaften oder wissenschaftlichen Organisationen). Wir verfolgen einen ethisch einwandfreien, transparenten und verantwortungsbewussten Ansatz. Damit wollen wir faire, ausgewogene und objektive Inhalte bereitstellen, die Raum für verschiedene Theorien und anerkannte Meinungen bieten.

Gemäß unserem internen Standard zur Finanzierung medizinischer Bildung (Medical Education Funding) sowie unserer Richtlinie zu unternehmenseigenen Programmen (Company-led Programs Policy) durchlaufen alle Anträge auf Förderung medizinischer Bildungsmaßnahmen einen Genehmigungsprozess. Diesen verantworten unsere Funktionen „Forschung und Entwicklung“ (F&E) sowie „Compliance“. Der Prozess stellt sicher, dass wir sämtliche verfügbaren Fördermittel für medizinische Bildungsprogramme gemäß den bestehenden internen Leitlinien und Kriterien sowie geltenden Gesetzen und Branchenkodizes gewähren.

Außerdem arbeiten wir mit Branchenverbänden zusammen: etwa mit der „Global Alliance for Medical Education“ (GAME), der „International Alliance for Continuing Medical Education“ (iPACME), der „European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations“ (EFPIA) und der „Medical Affairs Professional Society“ (MAPS). Mit diesen Verbänden tauschen wir uns darüber aus, wie sich Qualitätsstandards für die medizinische Bildung verbessern und harmonisieren lassen.

Transparente Berichterstattung

Je nach länderspezifischen Gesetzen und Regelungen veröffentlichten wir auch im Jahr 2021 unsere finanziellen und nicht finanziellen Zuwendungen an Stakeholder im Gesundheitswesen wie medizinisches Fachpersonal und Gesundheitsorganisationen. Dazu gaben wir – sofern gesetzlich beziehungsweise regulatorisch vorgesehen – individuelle Empfängernamen und Adressen sowie den Zweck und die Höhe der Zuwendung an. Vor der Veröffentlichung holten wir alle notwendigen Einwilligungserklärungen laut den geltenden Datenschutzbestimmungen ein.

Neben einzelnen geldwerten Zuwendungen veröffentlichen wir außerdem pflichtgemäß die Gesamtausgaben für unsere Forschung und Entwicklung.

Neben den Angaben von Zuwendungen für medizinisches Fachpersonal und Gesundheitsorganisationen gewährleisten wir Transparenz über unsere freiwilligen unaufgeforderten Spenden an europäische Patientenorganisationen. Dazu veröffentlichen wir auf unserer Website jährlich einen detaillierten Bericht. Er enthält Angaben zu allen Beträgen, Empfängern und dem Zweck jeder geldwerten Zuwendung. So kommen wir auch der Selbstverpflichtung nach, die gemäß unserer EFPIA-Mitgliedschaft besteht.

Regelmäßige Mitarbeiterschulung

2021 führten wir unsere Schulung zur Einhaltung des Verhaltenskodex in Dilemmasituationen im Gesundheitswesen auf internationaler Ebene weiter. Das umfassende und interaktive Training zielt darauf ab, Bewusstsein und Verständnis der Teilnehmer für solche Dilemmas zu schärfen – wenn sie beispielsweise Zeuge eines möglichen Bestechungsversuchs werden. Wir planen, die Schulung weiter auszurollen und in allen Ländern zu etablieren, in denen unser Unternehmensbereich Healthcare tätig ist. Der bisherige Erfolg dieses Programms veranlasste uns, ein vergleichbares Programm für die Unternehmensbereiche Life Science und Electronics aufzulegen.

Mitarbeiter, die für unsere Arzneimittel werben, lassen wir regelmäßig zu den aktuellen Leit- und Richtlinien schulen. Das gilt für alle, die im Vertrieb, im Marketing und in Funktionen tätig sind, in denen sie direkt mit Gesundheitsdienstleistern arbeiten. Die Schulungen führen wir entweder als Präsenz- oder als E-Learning-Kurse durch.

Neue Mitarbeiter nehmen an einer Onboarding-Schulung teil, in der es um die Prüfung und Genehmigung von Werbematerialien geht. Auf die jeweiligen Richtlinien können zudem die Mitarbeiter, die für die Arzneimittelwerbung zuständig sind, über unser Intranet zugreifen.

Je nach Rollen und Verantwortlichkeiten schulen wir betroffene Mitarbeiter in verpflichtenden E-Learning- und Vor-Ort-Seminaren zur Berichterstattung über geldwerte Zuwendungen: Sie sollen über unsere entsprechenden Richt- und Leitlinien sowie über wichtige Änderungen auf dem Laufenden bleiben.

Geldwerte Zuwendungen
Direkter und indirekter Transfer von Werten, ob in bar, in Form von Sachwerten oder auf sonstige Weise (zum Beispiel zu Werbezwecken).
Rollen
Unser Unternehmen arbeitet mit einer marktorientierten Methode zur Bewertung von Positionen im Unternehmen. Um eine konzernweite Vergleichbarkeit zu ermöglichen, wird jede Position bei Merck einer spezifischen Rolle zugeschrieben. Eine übergreifende Stellenarchitektur ermöglicht die Zuordnung der Rollen in insgesamt 11 Level, 15 Funktionen und unterschiedliche Karrieretypen (Core Operations, Services & Support-Gruppen; Experten; Manager; Projektmanager).
Stakeholder
Als Stakeholder bezeichnet man Personen oder Organisationen, die ein Interesse und/oder einen berechtigten Anspruch an einem Unternehmen haben. Zu den Stakeholdern gehören beispielsweise Mitarbeiter, Geschäftspartner, Nachbarn von Standorten oder Aktionäre.

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